Karl-Rehbein-Schule

Gymnasium der Stadt Hanau

Hindemith-Singspiel „Wir bauen eine Stadt“

Eine höchst konzentrierte Leistung zeigen die Chorkinder, Sprecher und jungen Musiker der Karl-Rehbein-Schule Hanau unter Leitung von Sophia Schüller vor drei Mal ausverkauftem Haus während der Aufführung von Paul Hindemiths Singspiel „Wir bauen eine neue Stadt“ in der Alten Johanneskirche.

KRS führt Hindemith-Singspiel „Wir bauen eine Stadt“ vor dreimal ausverkauften  Haus auf.

„Ganz großes Kino“ konstatiert der Hanauer Rathauschef bevor er in seiner Dienstlimousine zum nächsten Termin entschwindet. OB Claus Kaminsky hat zuvor die Aufführung des Hindemith-Singspiels „Wir bauen eine Stadt“ durch Schüler der Karl-Rehbein-Schule (KRS) unter der Gesamtleitung von Sophia Schüller, Musiklehrerin an der KRS, in der Alten Johanneskirche erlebt. Verglichen mit dem aktuellen Bautreiben in der Stadt erlebt der OB wie auch eine Vielzahl anderer Zuhörer „Städtebau im Eiltempo“, denn in knapp einer Stunde wird hier die „Bau“-Geschichte Hanaus von seiner Zerstörung am 19. März 1945 bis jetzt frei nach Hindemith auf die Bühne gebracht.

„Kein Kind soll eine Hanauer Schule verlassen, das das Datum 19. März 1945 nicht kennt“, wünscht sich Kaminsky in seiner Begrüßung. Vor 70 Jahren versank Hanau kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges unter dem Bombenhagel der Alliierten in Schutt und Asche – „ein schreckliches Ergebnis der damaligen Machtverhältnisse, was sich so niemals mehr wiederholen darf“, mahnt KRS-Chef Jürgen Scheuermann in seiner Begrüßung. „Es ist eine tragische Ironie, auf welche Weise sich der Titel „Wir bauen eine Stadt“ für Hindemiths Heimatstadt bewahrheiten sollte“, so der Schulleiter weiter. Aufgrund dieses traurigen Gedenktages der Zerstörung Hanaus und zugleich im Rahmen des 175-jährigen Jubiläums der KRS hatten Sophia Schüller und ihr Mann, Peter Schüller, die Idee zu dem Musik- und Buch-Projekt „Wir bauen eine Stadt“. Denn Sophia Schüller hat das von 1930 entworfene Stück des Hanauer Komponisten Paul Hindemith mit der Geschichte Hanaus verknüpft und daraus ein rund einstündiges Bühnenwerk mitsamt Bilderbuch und CD-Aufnahme auf die Beine gestellt.

Kinder haben ihre eigenen Vorstellungen: „Wir bauen einfach eine neue Stadt, Sie soll die Allerschönste sein“: 123 Chorkinder der Jahrgangsstufen fünf und sechs, dazu eine Riege an Erzählern und Musikern der KRS machen sich ans Werk, Hanau nach seiner Zerstörung wieder zu einer blühenden Stadt aufzubauen. Auf der Leinwand unterstützt von den bewusst „naiven“, aber sehr detailgetreuen und kindgerechten Buntstiftzeichnungen aus dem Buch von Sophia Schüller setzen die KRS-Eleven Hindemiths Singspiel eindrucksvoll mit Elan, Charme und Tiefgang um.

„Mein Vater ist in Russland, er kann nicht mit mir spielen“, bedauert ein Kind zu Beginn des Stückes, bevor dann unter Sirenengeheul der Untergang Hanaus besiegelt wird. Das Solo-Cello, herzergreifend gespielt von Sophia Schüller, zeichnet die sich nun bietende fast ausweglose Trostlosigkeit einer zerstörten Stadt nach – doch schon bald nehmen die Kinder ihr Schicksal selbst in die Hand. Nach und nach entstehen die markanten Plätze von Hanau neu, wie etwa das Neustädter Rathaus, die Marienkirche, Bäckerei und Metzgerei, die Polizeistation am Finanzamt. Stets wird das Geschehen textlich kommentiert (Emil Lang, Dominic Abraham), manchmal auch mit schelmischen Seitenhieben versehen, etwa dass nun Menschen aus der ganzen Welt nach Hanau kommen – und sogar die Steinheimer schaffen es, über den Main zu kommen.

Da Hindemith selbst den Aufführenden bei seinem Stück fast alle Freiheiten lässt, ist es nicht verwunderlich, dass auch das KRS-Blasorchester (Jens Weismantel) mit Rolf Rudins „Stille Hoffnung“ und „Those were the days“ zu hören ist, während das Blockflötenensemble der KRS (Gudrun Hildebrandt) mit Hindemith-Kanons die Aufführung abrunden kann.

Sind also auch alteingesessene Hanauer Geschäftsleute am Wiederaufbau Hanaus beteiligt, so wundert es nicht, dass auch Hanaus große Gitarrenlegende Leslie Link höchst selbst in das musikalische Geschehen eingreift, indem er nach Jimi-Hendrix-Manier die deutsche Nationalhymne auf der Suche nach Identität intoniert um dann mit Chor und Orchester mit Hendrix‘ „Purple haze“ einen weiteren extravaganten Kontrapunkt zu setzen. Insgesamt aber sind es die KRS-Schüler auf der Bühne, die einmal mehr ein Zeugnis von der hervorragenden musikalischen Arbeit, die an der KRS geleistet wird, ablegen. So gestalten sie ganz souverän die nicht einfach zu nehmende Musik Hindemiths – dessen Namen sich dann auch in der Paul-Hindemith-Musikschule wiederfindet – und liefern gleich drei Mal hintereinander vor jeweils ausverkauftem Haus eine konzentrierte Höchstleistung ab.

„Das gemeinsame Lebendighalten der Erinnerung und ein geschärftes Bewusstsein für die Gegenwart können hoffentlich für ein wenig mehr Respekt und Frieden unter den Menschen sorgen“, möchte das Lehrerehepaar Schüller unter anderem mit der Aufführung und dem nun herausgegebenen Buch bewirken. Dieses hohe Ziel trägt   zweifellos dem Gedanken Hindemiths Rechnung: „Ist es einer Musik gelungen, uns in unserm ganzen Wesen nach dem Edlen auszurichten, so hat sie das Beste getan.“ Hindemith hat in diesem Zusammenhang einst voller Ehrerbietung über die Musik Johann Sebastian Bachs gesprochen. Er wäre gewiss erstaunt darüber, in welchem Maße das auch seiner eigenen Musik gelungen ist. Wann gab es in Hanau schon mal „Standing Ovations“ für Hindemith? Hindemith jedenfalls hätte an der Aufführung voller Hoffnungen und Visionen seine helle Freude gehabt. „Wir bauen eine neue Stadt“: Am Ende singen Choristen und Zuhörer freudig vereint vom Hanauer Städtebau, von dessen Umsetzungs-Tempo der OB allerdings nur träumen kann.

 

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