„Miss S.“, dargestellt von Sophia Schüller, und die Chorkids der Klassen fünf und sechs, rocken den Saal.
Niveauvoller und amüsanter Streifzug durch die Musikgeschichte: Sommerkonzert der Karl-Rehbein-Schule
Umzugskartons als Trommeln, charmante Herzensbrecher, eine sinfonische Flussfahrt und singende Ordensschwestern: Das traditionelle Sommerkonzert der Karl-Rehbein-Schule Hanau hatte in diesem Jahr mit seinem breit gefächerten Repertoire für jeden Geschmack etwas aufzubieten. So reichte das Programm von Barock bis Rock, von der Fuge bis zur sinfonischen Dichtung – ein Kaleidoskop quer durch die Musikgeschichte, das einmal die enorm große Bandbreite und zum anderen das sehr hohe Spielniveau der der KRS-Ensembles und –Chöre demonstrieren konnte.
So ist es doch immer wieder aufs Neue erstaunlich, zu welcher musikalischen Höchstform die jungen KRS-Instrumentalisten und –Sänger auflaufen können, bedenkt man, dass die Proben oftmals weit vor dem Schuljahresende beginnen, wo eigentlich für viele Schülerinnen und Schüler der Noten-Endspurt ansteht. Dies jedoch tut der Begeisterung für die Musik keinerlei Abbruch – ganz im Gegenteil. Die rund 350 Beteiligten bringen dabei eine hohe Konzert-Qualität auf die Bühne, die man so von einer Schulaufführung nicht erwarten kann. Das beginnt bereits mit dem ersten Ton der KRS-Big-Band unter Leitung von Stefan Glück, die einerseits sehr elegant-geschmeidig, andererseits rhythmisch-druckvoll vom „The sound of music“ bis „Hairspray“ aufspielt. Schon hier wird das Ohr von einem sehr subtilen Klanggefüge überrascht, unterstützt von pointiert aufspielenden Schlagwerkern.
Geschmeidigkeit und großes Ausdrucksvermögen zeigen aber auch die etwas „kleineren“ Ensembles wie etwa die Gitarren-AG „Viel-Saitig“ unter Leitung von Christian Gutgesell, die die Zuhörer mit einer Fuge von Händel überrascht um dann in spanischen Impressionen zu schwelgen – schon mal akustische Urlaubsgefühle vorab. Kräftig auf die Ohren gibt es auch von dem neu an der KRS eingerichteten Percussion-Ensemble unter Leitung von Daniel Ulb. Die Trommler verzichten auf herkömmliches Schlagwerk und traktieren kurzerhand Pappkartons mit ihren Sticks in rhythmischer Perfektion. Eine ungewöhnliche, aber sehr gelungene Trommel-Choreographie, die das Publikum zu wahren Begeisterungsstürmen hinreißen kann.
Nicht minder euphorisch bejubelt wird der Auftritt der Leistungskurs-Nonnen aus „Sister Act“, die unter „Monsignore“ Frank Hagelstange ein schmachtendes „I will follow him“ zelebrieren. Doch damit nicht genug des Augenschmaus‘: Der nun ehemalige Musik-Leistungskurs von Stefan Glück erweist sich als Herzensbrecher par excellence. In Hochwasserhosen und einer schrillen Farbkombination gekleidet wird Heinz Rühmanns einstiger Mega-Hit „Ich breche die Herzen der stolzesten Frau‘n“ von 1938 in einer fast Oskar-reifen darstellerischen Interpretation dargeboten, die den Zuhörern die Lachtränen in die Augen zaubert.
Zu welch hohem musikalischen Ausdruck die Rehbein-Musiker geführt werden können, zeigt Jens Weismantel mit seinem fast 100-kopfstarken Blasorchester sehr eindrucksvoll: Mit dieser fein austarierten Klangdifferenz in den einzelnen Stimmen und den auf den Punkt gebrachten Einsätzen, immer wieder durchwoben von expressiven Crescendi, ist das ist ganz weit weg von einem Schülerorchester. Neben Rudins „Ferne Weite“ ist es besonders die „Alpina Saga“ von Thomas Doss, die durch das Blasorchester in ein schillerndes wie mitreißendes Klanggemälde gekleidet wird. Das gesamte Alpenpanorama wird vor den Zuhörern in seiner ganzen Schönheit und Pracht ausgebreitet – ganz großes Klangkino. Hut ab.
Zuvor gibt es ein eindrucksvolles Statement gegen Rassismus und Antisemitismus, der, so der Leiter Fran Hagelstange, „erschreckender Weise auch in unserem Land immer mehr um sich greift“. Dazu bedienen sich der Chor der Klassen 7 und der „Freunde der KRS“ samt kleinem Begleitorchester aus dem Oratorium „A Child Of Our Time“. Daraus werden fünf Spirituals, deren alttestamentarischer Inhalt seit jeher Unterdrückung und Rassismus anprangern, sehr einfühlsam und intensiv in die Tiefe gehend dargeboten.
Einen augenzwinkernden Rundumschlag gegen die Lehrer und Erwachsenen im Saal lassen die Chorkinder der Klassen fünf und sechs los, die unter der Leitung ihrer „Rocklady“ Sophia Schüller alias „Miss S.“ Teile des Musicals „School of Rock“ von Webber mit großer Verve und Hingabe auf die Bühne bringen. Da jaulen Gitarren zu stampfende Rhythmen durch den Raum: Den jungen KRS-Choristen macht es dazu sichtlich Spaß, sich über Hausaufgaben trotz Nachmittagsunterrichts zu beklagen und sich zudem über das generelle Unverständnis der Erwachsenen für ihre Sorgen und Nöten zu beschweren. „Miss S.“ fetzt dazu in zerrissenen Jeans absolut überzeugend über die Bühne – fast wie Rockröhre Suzi Quatro in ihren besten Zeiten…
Einen der Höhepunkte des Konzertes setzt dann das KRS-Sinfonieorchester unter dem Dirigat von Petra Weiß mit Smetanas sinfonischer Dichtung „Die Moldau“ aus dem Jahr 1874 in einer Bearbeitung von James Erb dar. Die Komposition schildert den Lauf der Moldau, angefangen bei den beiden kleinen Quellen, den Lauf der Moldau durch Wälder und Fluren, durch Landschaften, wo gerade eine Bauernhochzeit gefeiert wird, beim nächtlichen Mondschein tanzen die Nymphen ihren Reigen. Vorbei an stolze Burgen, Schlösser und Ruinen wirbelt die in den St.-Johann-Stromschnellen um dann im majestätischen Lauf in der Ferne schließlich in der Elbe zu entschwinden. Diese naturalistisch geprägte Tonmalerei stellt an die Ausführenden sehr hohe Ansprüche, beginnend mit den perlenden Flötenläufen der Quelle bis hin zu den donnernden Forte-Passagen der Stromschnellen. Ständige Tempowechsel einhergehend mit einer enorm differenzierenden Dynamik bilden dabei immer wieder gefährliche Hindernisse: Petra Weiß führt ihre junge Musikerschar jedoch gleichsam wie eine souveräne Flößerin durch die Tücken und Untiefen dieses Flusses und kann dabei sogar noch sehr austarierend die Schönheiten einer im Mondlicht getauchten Flusslandschaft ausleuchten. Berücksichtigt man, dass hier ein Schulorchester hinter den Pulten sitzt, muss man unbedingt den Hut vor dieser insgesamt doch großartigen wie mitreißenden „Flussfahrt“ ziehen. Die „Standing Ovations“ am Ende zeigen, dass das Publikum, darunter unter anderem auch der chinesische Generalkonsul Wang, erneut ein sehr hochwertiges wie unterhaltsames Sommerkonzert der KRS erlebt hat.
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