Es ist schon ein markanter, auch aus der Ferne nicht zu übersehender Punkt in der Region Rhein-Main, das in Großkrotzenburg stehende Kraftwerk Staudinger. Anfang März 2018 konnte der Physik-Leistungskurs der Jgst. Q1 es auch von innen besichtigen, was nach Einstellung der Öffentlichkeitsarbeit eigentlich nicht mehr vorgesehen ist. Aber für die Rehbein-Schule wurde dankenswerterweise eine Ausnahme gemacht.
Nach einer kurzen Präsentation mit einigen grundlegenden Fakten zum Kraftwerksbetrieb ging es, geschützt durch leuchtend rote Helme, auf das weitläufige Gelände. Staudinger ist ein größtenteils von Steinkohle befeuertes Kraftwerk, welches sich aus fünf Blöcken zusammensetzt. Die ersten beiden dieser Blöcke wurden 1965 in Betrieb genommen und über die Zeit kamen immer mehr Blöcke hinzu, bis 1992 der fünfte fertiggestellt wurde. Derzeit sind nur noch die letzten beiden Blöcke in Betrieb und der Rest ist seit 2013 endgültig stillgelegt. Der wichtigste Block ist heute Nummer 5. Dieser wird mit Steinkohle und auch Klärschlamm betrieben und erzeugt bis zu 550 MW Leistung und Fernwärme für etwa 19.000 Haushalte im Rhein-Main-Gebiet. Der vierte Block, welcher mit Gas betrieben wird, wird zurzeit vom Netzbetreiber „TenneT“ bei Versorgungsengpässen vornehmlich im Winter als Reserve genutzt. Allerdings soll das gesamte Kraftwerk in der Sommerzeit für drei Monate abgeschaltet werden, da es aufgrund von Windenergie und Photovoltaik zu dieser Zeit nicht mehr rentabel ist. Dies kann allerdings zu Problemen führen, da viele Menschen in Hanau und Umgebung auf die Fernwärme des Kraftwerks angewiesen sind, weshalb diese Abschaltung vorerst nur für ein Jahr genehmigt ist. Und auch die Mitarbeiter stehen vor der Problematik, wie sich ihre Arbeitszeit in diesem Zeitraum gestaltet. Von den ehemals über 600 Mitarbeitern zu Zeiten, als alle 5 Blöcke liefen, sind heute noch 107 Festangestellte übriggeblieben.
Auch wenn es sich bei Block 5 um ein Kohlekraftwerk handelt, rühmt sich die Leitung des Kraftwerks dennoch mit einer relativ hohen Sauberkeit. Diese wird durch ein Filtersystem erreicht, mit dem aus der Verbrennung der Kohle und des Klärschlamms Gips und Prüfasche gewonnen werden kann und der Rauch entstaubt, entschwefelt und entstickt wird. Auch das zur Kühlung verwendete Mainwasser wird, bevor es in den Main zurückgeleitet wird, in den großen Kühltürmen abgekühlt und mit den richtigen Mengen Sauerstoff versetzt.
Nachdem wir die Silos zur Lagerung der Produkte der Filterung während der Führung besichtigten, begaben wir uns durch das sehr warme Betriebsgebäude auf das über 100 Meter höher liegende Dach von Block 5, wo Satellitenschüsseln verschiedener mobiler Datennetze die umliegenden Städte versorgen. Von dort oben hat man einen beeindruckenden Blick über die gesamte Anlage mit seinen zwei großen und drei kleinen Kühltürmen, dem großen Kohlelager, dem Mainhafen und dem Umspannwerk. Die ganze Region, von der Skyline Frankfurt über Hanau bis zu den Höhen des Spessarts und des Odenwalds lag uns zu Füßen. Daraufhin besichtigten wir das Innere des Blocks, in dem sich ein großer Kessel befindet, in dem pulverisierte Kohle bei bis zu 1200°C verbrannt wird. Der mit dieser Hitze erzeugte Wasserdampf wird anschließend in eine gewaltige (und vor allem laute) Dampfturbine geleitet, welche mit einem 550 MW – Generator verbunden ist und sich mit ziemlich exakt 3000 Umdrehungen pro Minute dreht, um die Frequenz von 50Hz des Stromnetzes aufrecht zu erhalten.
Diese Frequenz und andere Parameter, wie die Kesseltemperatur oder der aktuelle Strombedarf, werden durchgehend von Mitarbeitern im Kontrollraum, der sich in Block 4 befindet und mit meist sieben Leuten besetzt ist, überwacht, da sich jederzeit Änderungen, wie größere Leistungsanforderungen oder auch Störungen im Betriebsablauf, ergeben können.
Dass der Strom nicht von selbst aus der Steckdose kommt, war dem Physikkurs auch schon vorher sehr bewusst. Die Erzeugungsprozesse elektrischer Energie, auf die alle angewiesen sind, aber nicht nur theoretisch, sondern einmal live zu erleben, war für alle Beteiligten ein Erlebnis. Der Dank ging daher an die Mitarbeiter des Kraftwerks, die dies möglich gemacht haben.
Mirko Lasai und Jannik Schmidt / Physik-Lk Q1P1T
Robert Schnabel / Kursleiter Physik-Lk Q1P1T
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