Direktor Jürgen Scheuermann (links) begrüßte zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der KRS den Autor und Spiegel-Redakteur Peter Wensierski (Zweiter von links). Er schildert in seinem Buch „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ die dramatischen Ereignisse und Hintergründe, die 1989 zum Ende der DDR führten. Anlässlich des KRS-Kolloquiums „30 Jahre Mauerfall“ weilte der Autor nun für einen Vortrag an der KRS.
Wir schreiben das Jahr 1989. Im Herbst des Jahres flimmern zur „Prime-Time“ um 20 Uhr während der „Tagesschau“ ungewöhnliche Bilder auf den bundesdeutschen Bildschirmen. Man sieht demonstrierende DDR-Bürger, die lautstark „Wir sind das Volk“ skandieren. Nunmehr jeden Montag gehen die Menschen in der damaligen DDR auf die Straße. Anfangs noch zaghaft, dann werden es immer mehr in den Städten, darunter vor allem Leipzig. Der Anfang vom bevorstehenden Ende der DDR beherrscht die politische Bühne in Westdeutschland, der lang gehegte Traum von einer Wiedervereinigung der getrennten deutschen Staaten könnte wahr werden.
Im vollbesetzten Schlossgartensaal der Karl-Rehbein-Schule begrüßte Schulleiter Jürgen Scheuermann vor Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern jetzt den Journalisten und Dokumentarfilmer Peter Wensierski zum KRS-Kolloquium „30 Jahre Mauerfall – Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“. Wensierski begann seine Arbeit 1979 mit Berichten und Reportagen aus der DDR und er berichtete auch über die aufkommende Oppositionsbewegung in der DDR. Er arbeitete ab 1986 für das ARD-Fernsehmagazin „Kontraste“ und ist seit 1993 Spiegel-Redakteur. Mit einer Mischung aus Lesung und spannenden Erzählungen, unterstützt von Bildern, Tonbandaufnahmen, Filmaufnahmen, zeichnete er die dramatischen Ereignisse von 1989 in der damaligen DDR in einer emotional mitreißenden und gründlich recherchierten Form im Schlossgartensaal der KRS nach.
Peter Wensierkis Buch „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ handelt von einer Gruppe Leipziger Bürger im Alter von 17 bis 25 Jahren, die es Ende der 1980er Jahre satt haben, „sich Ihr Leben von anderen vorschreiben zu lassen.“ Er zeichnet zunächst ein Bild der DDR-Jugend, darunter viele junge Menschen, die kein Abitur machen konnten und deshalb auch beispielsweise in Altersheimen arbeiten mussten. Wer studieren konnte, der wohnte meist in Bruchbuden, die keiner haben wollte.
Das Thema „Umweltschutz“ war zu dieser Zeit noch nicht existent im Staate Honeckers. Es gründeten sich viele Umweltgruppen, die vor allem in Kirchenhäusern tagten, erläutert Wensierski. Da Demonstrationen eher undenkbar waren, kam man auf die Idee einen „Pleiße-Gedenkumzug“ im Namen des Umweltschutzes zu veranstalten. So kam es zu einer der ersten öffentlichen Demonstration an der Pleiße entlang, vom Leipziger Stadtteil Connewitz durch den Auwald bis zum Clara-Zetkin-Park. Es gab dann verschiedene Aktionen, die mit der Vorladung bei der Volkspolizei mit fünf Stunden Verhör endeten, man druckte verbotenerweise Flugblätter, lud zu einem Straßenmusikfestival ein. Die Menschen machten Fotos von Stasi-Mitarbeitern, von denen sie überwacht wurden und Tonbandaufnahmen von Verhören. Insgesamt wurde darauf geachtet, dass bei den Aktionen möglichst westliche Presse vor Ort war.
Am 15. Januar 1989, das Westfernsehen berichtete ausführlich, wurde eine größere Demonstration unter den üblichen Drohgebärden des SED-Staatsapparates angekündigt. Die DDR geriet unter Druck, fand eine Woche später die KSZE-Konferenz in Wien statt. Verhaftungen passten da nicht ins Bild, das Honecker von der DDR präsentieren wollte. So wies er Freilassungen vieler verhafteten Demonstranten an. „Für ein offenes Land mit freien Menschen“: Auf der Demonstration am 4. September 1989 nach einem Friedensgebet in der Leipziger Nicolaikirche entrissen Stasi-Mitarbeiter den Frauen das Transparent. Das brutale Vorgehen wurde von sechs Kamerateams und einem Duzend Fotografen dokumentiert und im Fernsehen übertragen.
„Wenn Menschen ihre Angst verlieren, können sie Unglaubliches bewegen“: Der Ausgang dieser Geschichte von mutigen Menschen, die für ihre Freiheit auf die Straße gingen und dafür Repressalien der Staatsgewalt zu fürchten hatten, ist bekannt. Immer mehr DDR-Bürger erkannten, dass keine „Rowdys“ und Kriminelle auf die Straße gingen, sondern Leute wie „du und ich“. An den folgenden Montagen kamen immer mehr Menschen nach Leipzig, bald waren es Zehntausende, am 9. Oktober 1989 Hunderttausende Menschen. Das Ende der DDR war besiegelt.
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