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In der ersten Februarwoche machten sich 45 neugierige Schülerinnen und Schüler der Q1 und Q3 der Karl-Rehbein-Schule auf eine bedeutsame Reise nach Auschwitz und Krakau. Diese Fahrt, die alle zwei Jahre stattfindet, war bereits die dritte ihrer Art und bot eine einzigartige Gelegenheit, sich intensiv mit einem der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte auseinanderzusetzen und wichtige Lehren für die Gegenwart zu ziehen. Solche Exkursionen sind von unschätzbarem Wert, da sie nicht nur historisches Wissen vermitteln, sondern auch Empathie und ein tieferes Verständnis für die Gräueltaten der Vergangenheit fördern. Sie erinnern uns daran, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Opfer des Holocausts wachzuhalten und sich aktiv gegen jede Form von Diskriminierung und Intoleranz einzusetzen.
Tag 1: Besuch des Stammlagers Auschwitz I
Am Dienstag, dem ersten Tag unserer Exkursion besuchten wir das Stammlager Auschwitz I, das Hauptlager des Konzentrationslagers Auschwitz. Dieses Lager wurde im Mai 1940 in der Nähe der polnischen Stadt Oswiecim errichtet und diente zunächst der Inhaftierung polnischer politischer Gefangener. Später wurde es zum Verwaltungszentrum des gesamten Lagerkomplexes ausgebaut und diente als reines Konzentrationslager, in dem Häftlinge durch Arbeit vernichtet wurden.
Am Morgen nahmen wir an einem anderthalbstündigen interaktiven Workshop teil, der uns wesentliche Fakten über den Holocaust mit besonderem Schwerpunkt auf dessen Vorgeschichte vermittelte. Während der etwa zweistündigen Führung betraten wir mehrere der erhaltenen Backsteingebäude, die einst als Unterkünfte, Verwaltungsräume und Haftzellen dienten. Besonders beeindruckend war der Besuch von Block 11, auch bekannt als der „Todesblock“. In diesem Gebäude fanden Verhöre, Folterungen und Hinrichtungen statt. Zwischen Block 10 und Block 11 befand sich die sogenannte „Todeswand“, an der Tausende von Gefangenen durch Erschießung hingerichtet wurden. Auch die einzige noch erhaltene Gaskammer in Auschwitz-Birkenau mit angebautem Krematorium hinterließ einen bleibenden Eindruck.
Die Führung vermittelte uns zahlreiche erschütternde Fakten über das Lager. In Auschwitz-Birkenau wurden zwischen 1940 und 1945 schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen deportiert, von denen etwa 0,9-1,1 Millionen ermordet wurden. Das Lager steht heute weltweit als Symbol für die nationalsozialistischen Gräueltaten und den Holocaust.
Tag 2: Besuch des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
Am zweiten Exkursionstag besuchte die Reisegruppe das größte polnische Vernichtungslager, Auschwitz-Birkenau. Dort wurden uns durch eine Führung die grausamen Lebensbedingungen der von den Nationalsozialisten inhaftierten Gefangenen verdeutlicht. Zunächst besichtigten wir die schrecklichen Sanitäreinrichtungen sowie die inmitten eines eisig kalten und windigen Feldes liegenden ehemaligen Baracken der Häftlinge, einschließlich der Kinderbaracken und der des Doktors Mengele. Dieser war als Lagerarzt verantwortlich für menschenverachtende medizinische Experimente an Häftlingen und überwachte die Vergasung der Opfer.
Anschließend begab sich die Gruppe zu den ehemaligen Gleisen, wo seinerzeit an einer Rampe eine Selektion durch Doktor Mengele stattfand. Bei dieser wurde entschieden, wer von den Ankommenden direkt in die Gaskammern gehen musste und wer zum „Leben“ im Lager verurteilt war. Schließlich begab sich die Reisegruppe auf den Weg zu den ehemaligen Krematorien und Gaskammern. Besonders auf dem langen Weg, der vom Ankunftsort der Häftlinge an den Gleisen zu den Gaskammern führte, spürte man die schreckliche Geschichte dieses Ortes. „Dass man den Weg geht, dem so viele Menschen in den Tod gefolgt sind, merkt man schon allein an der Atmosphäre“, äußerte sich eine Schülerin. „Sie ist so bedrückend und schwer, beinahe so, als würde man durch das Gewicht der Geschichte erdrückt werden.“ Manch einer verließ den Ort an diesem Tag mit dem Gedanken, dass so etwas Schreckliches niemals wieder geschehen dürfe.
Tag 3: Besuch in Krakau
Am Donnerstag fuhren wir von Oświęcim nach Krakau und tauchten in die reiche jüdische Geschichte der Stadt ein. Unser erster Halt war das ehemalige jüdische Viertel Kazimierz, wo wir die Synagoge und den jüdischen Friedhof besuchten. Wir besichtigten die jüdische Synagoge Remuh, die vor allem von orthodoxen Juden genutzt wird. Unser Guide brachte uns die Geschichte und die Bedeutung verschiedener religiöser Objekte wie der Tora näher. Der anliegende Friedhof, der in der Nazizeit als Schuttablage verwendet wurde, war ebenfalls Teil unserer Besichtigung. Unser Guide erklärte uns die Geschichte des Friedhofs, der 1800 entstand, und erzählte uns von vielen jüdischen Traditionen, wie dem Händewaschen als Reinigungsritual nach einem Friedhofsbesuch. Wir erfuhren auch von den verschiedenen Symbolen auf den Gräbern, wie dem Kerzenleuchter oder den segnenden Händen der Kohanim.
Eine besonders interessante Geschichte war die eines berühmten Rabbis, der so viel gelernt hat, dass er gestorben ist – eine eindrucksvolle Mahnung, dass zu viel Fleiß auch tödlich sein kann.
Besonders beeindruckend waren bei der anschließenden Stadtbesichtigung die Drehorte des Films „Schindlers Liste“ in Kazimierz, wie die berühmte Treppe in der Józefastraße, unter der sich im Film Frau Dressner mit ihrer Tochter Danka versteckt hat. Danach besuchten wir das Krakauer Ghetto, wo wir viele persönliche Geschichten aus dem Leben der Bewohner erfuhren. Von dem Ghetto selbst ist nicht mehr viel übrig, aber wir konnten einen Teil der Ghettomauer besichtigen und die Apotheke zum Adler von außen sehen, deren nicht-jüdischer Inhaber den Juden damals heimlich Medikamente (z.B. gegen Typhus) gab.
Unser letzter Halt war Oskar Schindlers Emaillefabrik, die als Rettungsort für über 1.200 Schindler-Juden diente. Im hochwertigen und ansprechend gestalteten Museum der Fabrik erfuhren wir mehr über das jüdische Leben vor der Nazizeit und im Ghetto sowie im nahegelegenen Lager Plaszów. Besonders beeindruckend war ein modernes Kunstwerk in Schindlers Büro, in dem alle Namen der geretteten Schindler-Juden eingraviert waren.
Insgesamt war der Besuch in Krakau sehr interessant und eindrucksvoll. Wir lernten viel Neues über das Judentum und waren tief berührt von den Geschichten und den historischen Stätten. Die Taten Schindlers sollten ein Beispiel für Menschlichkeit, Nächstenliebe und Mut sein. Hierzu passt ein berührendes Zitat aus dem Talmud: „Wer ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt.“
Fazit
Solche Exkursionen sind von großer Bedeutung, da sie uns die Möglichkeit geben, Geschichte hautnah zu erleben und die Auswirkungen von Hass und Intoleranz zu verstehen. Sie fördern das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Toleranz, Respekt und Menschlichkeit in unserer heutigen Gesellschaft. Gerade in Zeiten, in denen antisemitische und rassistische Tendenzen wieder zunehmen, ist es umso wichtiger, dass junge Menschen sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen und daraus lernen. Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die wir auf dieser Reise gewonnen haben, werden uns ein Leben lang begleiten und uns daran erinnern, dass wir alle eine Verantwortung haben, für eine friedlichere und gerechtere Welt einzutreten.
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