Karl-Rehbein-Schule

Gymnasium der Stadt Hanau

Leidenschaft und Seele

Die Vollblut-Musikerin Petra Weiß zieht sich nach 42 Dienstjahren im Dienste der Musik an der Karl-Rehbein-Schule ins Privatleben zurück. Damit geht eine langjährige „Weiß“-Ära, die einst mit Jürgen Weiß am Dirigentenpult des KRS-Sinfonieorchesters begonnen hatte, zu Ende. Foto: Privat

Musikpädagogin Petra Weiß legt nach 42 Jahren den Dirigentenstab an der KRS nieder

Wer wie Petra Weiß geschlagene 42 Dienstjahre an ein und derselben Schule verbringt, der kann was erzählen. Mit der jüngst stattgefundenen Aufführung des Musicals „Chess“ fiel für die Karl-Rehbein-Musikpädagogin Petra Weiß nun der letzte Vorhang. Die im unterfränkischen Karlstein lebende Musikerin hat – zusammen mit ihrem Ehemann, Jürgen Weiß -, maßgeblich dazu beigetragen, die Karl-Rehbein-Schule Hanau (KRS) zu dem zu machen, was sie heute ist: Eine Schule mit „Schwerpunkt Musik“, getränkt mit einem ganz eigenen und unverwechselbaren Charakter. Dazu bei trugen neben unzähligen Konzerten und Musik-Projekten insbesondere die vielen liebevoll gepflegten Musik-Partnerschaften mit anderen Schulen, die quer über Europa und Russland verteilt liegen. Da tauchen große Namen wie Vicenza in Italien, Portier in Frankreich, Dartford in England und Jaroslawl in Russland auf.

Überhaupt Jaroslawl: Große Wehmut macht sich bei Weiß breit, wenn sie an die fruchtbaren und herzlichen Begegnungen in der Sobinov-Kunstschule von Jaroslawl denkt, mit der regelmäßig musikalischen Begegnungen stattfanden. So etwa zum letzten Mal im April 2018, als Petra Weiß im feierlichen Abschlusskonzert des von ihr ins Leben gerufene internationalen Orchesterworkshops „Spiel ohne Grenzen“ in der Marienkirche Hanau mit rund 80 jungen Instrumentalisten ein hinreißendes Programm darbot. In Jaroslawl selbst genoss diese erstmalig im Jahr 2013 von Weiß realisierte Orchesterarbeit mit hoch begabten Jugendlichen aus Hanau und vielen Städten Russlands einen hohen pädagogischen und künstlerischen Ruf, der noch vor dem Ukrainekrieg sogar vom russischen Fernsehen und hochrangigen Vertretern des russischen Kultusministeriums honoriert wurde.

Studiert hat Weiß in Würzburg. Hier legt sie ihr Konzertexamen ab und hat dann sogar einen Lehrauftrag für Klavier an der Hochschule für Musik in Würzburg inne. Neben ihrem Gatten Jürgen Weiß bildet Petra Weiß ab 1983 eine feste Säule im musikalischen Portfolio der KRS. Sie übernimmt im Jahr 2010 schließlich den Dirigentenstab für das KRS-Sinfonieorchester von ihrem Ehemann. Davor leitet sie Chöre an der KRS und teilweise sogar auch die KRS-Big-Band.

Schon bei ihrer offiziellen Verabschiedung im Jahr 2021 bescheinigt KRS-Schulleiter a.D., Jürgen Scheuermann, der Vollblutmusikerin, sie habe mit ihrem musikalischen Wirken aus Kindern selbstsichere und verantwortungsvolle Persönlichkeiten geformt. „Damit warst du auch stets ein pädagogischer Leuchtturm, der weit über die Grenzen der KRS hinaus gestrahlt hat“, ist sich Scheuermann sicher. Denn nicht nur die Austauschprojekte stehen in ihrer Partitur ganz oben an, auch die allseits hochgeschätzten KRS-Konzerte wie etwa an Weihnachten oder im Sommer, sind und waren ein Hauptanliegen für die Dirigentin mit Leidenschaft und Seele. Da hält sie es ganz wie der Philosoph Augustinus von Hippo. „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst“. Das muss man bei Petra Weiß absolut wörtlich nehmen. Ihre jungen Instrumentalisten im KRS-Sinfonieorchester wissen davon wahrlich ein „Lied zu singen“, denn leicht haben sie es nie im Orchester. Bei Weiß gibt es keinen doppelten Boden. „Meist haben wir die Originale gespielt, Erleichterungen habe ich kaum genutzt. Dabei sind die Kinder über sich selbst hinausgewachsen. Erstaunt hat mich immer wieder, wie viele talentierte, vielversprechende Instrumentalisten ich bei meiner Orchesterarbeit getroffen habe – und am Ende musste ich viele davon wieder ziehen lassen“, beschreibt Weiß ihre unermüdliche Schularbeit. „Immerhin, mehr als 150 Schülerinnen und Schüler haben, soweit ich es weiß, den Musik-Beruf ergriffen. Das erfüllt mich dann doch ein bisschen mit Stolz“, freut sich Weiß weiter.

Stolz darf sie auch zurecht sein, wenn man sich alleine die anspruchsvollen Programme, die sie dem KRS-Sinfonieorchester auferlegt hat, genauer anschaut. Da finden sich Hochkaräter der Musikgeschichte, angefangen über Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, Klavier- und Klarinettenkonzerte von Mozart, die berühmte sinfonische Dichtung „Finlandia“ von Sibelius, Fantasien für Violine von Sarasate oder den mitreißenden „Danzon“ von Marquez. Weiter Operetten und Musicals, die an der KRS im Fünf-Jahres-Rhythmus in aufwändiger Produktion auf die Bühne gebracht werden. Beginnend mit „Anatevka“ über „Oliver“ hin zu „Die schöne Helena“, „Frau Luna“ und nun das Musical „Chess“. Sie tragen ebenfalls die prägende Handschrift von Petra Weiß:

Wenn Weiß davon spricht, dass die KRS-Musikerinnen und -Musiker dabei immer über sich selbst hinauswachsen, dann mag die jüngste Produktion von „Chess“ klingender Beweis genug sein. Für sie gilt die Aufführung des Musicals als Höhepunkt ihrer gesamten Orchesterleitung. Dieses doch zwischen klassischem Abba-Sound, großer Ballade und herausfordernden Klangkomplexitäten wechselnde, nahezu durchkomponierte Stück wird von den Rehbein-Musikern extrem nuanciert und wuchtig-klangintensiv vertont, sodass immer wieder wohlige Gänsehaut entsteht. „Die Schülerinnen und Schüler haben hier nicht nur eine Riesenleistung hingelegt, sondern ganz nebenbei auch eine große Portion Hirnschmalz erworben“, statuiert Weiß mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht.

Natürlich gibt es auch andere Herzensangelegenheit der Musikpädagogin, etwa die Aufführung der Kinderoper „Brundibár“, komponiert von Hans Krása 1943 im KZ Theresienstadt, weiter die „Psalmen-Sinfonie“ von Igor Strawinsky im Jahr 2010 oder das große Chorprojekt „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms, aufgeführt 1997 zum 100. Todestag von Brahms. Der deutsche Hochromantiker nimmt so oder so einen großen Platz in Weiß‘ Herzen ein, leitet sie schließlich seit 1992 den „Brahms-Chor“, gegründet mit zum Teil ehemaligen KRS-Schülerinnen und -Schülern.

Und wie sieht die Zukunft aus? Mit einer Mischung aus Freude, Wehmut und Dankbarkeit bricht nun ein neuer Lebensabschnitt an – allerdings ist da ist kein Platz für den Rückzug aufs Ruhebänkchen. „Ich würde gerne noch viele Projekte mit Kindern durchführen“, so die 70-Jährige, die vor Agilität nur so strotzt. Natürlich wird sie auch mal vorbeihören, wenn nun Jens Weismantel das Erbe von Petra Weiß übernimmt. Jetzt aber stehen erst einmal Reisen, Wandern und Malen auf der Tätigkeitsliste der „Unruheständlerin“. „Und wer weiß, vielleicht gründe ich noch den „Deutschen Fluglotsen-Chor““. Bei all dem bei ihr stets durchblitzenden Humor – zuzutrauen ist ihr das durchaus.

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