Formvollendet eingehüllt in einen abgerundeten Klangmantel: Das KRS-Sinfonieorchester unter der neuen Leitung von Jens Weismantel erfreut das Publikum mit Tschaikowskys Ballett-Musik „Der Nussknacker“. Fotos: KRS
Mit den traditionellen Weihnachtskonzerten der Karl-Rehbein-Schule Hanau (KRS) verhält es sich wie mit einem Adventskalender: Hinter jedem Türchen wartet eine Überraschung. So hatten die KRS-Musikerinnen und -Musiker viele überraschende Pretiosen der früheren und jüngeren Musikgeschichte auf den Rentierschlitten gepackt, die sehr vielschichtig und abwechslungsreich an drei Konzertabenden in der frisch renovierten Hanauer Marienkirche zu Gehör kamen.
Auch die zum Teil durchgeführten Rochaden in den Leitungsaufgaben der KRS-Ensembles wurden mit Bravour gemeistert. Daniel Ulb, neuer Leiter des KRS-Blasorchesters, überraschte das Publikum beispielsweise in den „Alpine Inspirations“ von Martin Scharnagl mit einem mächtigen Klanggemälde voller stolzer Berge, schwindelerregenden Höhen, glitzernden Bergseen und berauschenden Panorama-Blicken, dabei sehr akzentuiert und filigran in Blech und Schlagwerk dargeboten. Gudrun Hildebrandt hatte ihren ersten Auftritt mit dem KRS-Kinderchor der Klassen fünf und sechs, der drei Stücke aus Uli Führes Weihnachtsmusical „Am Himmel geht ein Fenster auf“ mit offenen Stimmen sehr konzentriert und gut wort-verständlich darzubieten wusste. Souverän begleitet wurde die Kinderschar von Uwe Heller am Flügel.

Gudrun Hildebrandt entlockt als neue Kinderchor-Leiterin der jungen KRS-Kinderschar eine überzeugende Darbietung von Teilen aus Uli Führes Weihnachtsmusicals „AM Himmel geht ein Fenster auf“.
Ob und wie die Engelein durch den interstellaren Raum sausen, ist nicht zu verifizieren. Dennoch – und wieder eine Überraschung – zauberte der KRS-Schüler Mark-Philip Hartmann an der Orgel mit Hans Zimmers gleichnamigen Filmmusik-Werk „Interstellar-Suite“ ein eindrucksvolles Hör-Planetarium in das Kirchenrund. Hervorragend ausbalanciert in der Registration vom zaghaften Piano bis zum donnernden Fortissimo brachte Hartmann die teils schroff und kalt wirkenden übereinanderstehenden Harmonieblöcke sehr plastisch auf Manuale und Pedale.
Die KRS-Big-Band unter der bewährten Leitung von Stefan Glück überraschte mit dem ukrainischen Weihnachtsstück „Shchedryk“, hierzulande besser bekannt als „Carol Of The Bells“. Der fordernde Swing haucht dem eigentlich sehr ernsthaften Werk eine gewisse Leichtigkeit ein, rhythmisch auf den Punkt knackig umgesetzt. Sanft rieseln die Schneeflöckchen beim „I’ll Be Home For Christmas“ von der Bühne bevor „A Rockin Merry Christmas“, das „Joy To The World“ zum Thema hat, doch mal ein wenig Sternenfunkeln verbreitet.
Die Komposition „O Domine Jesu Christi“ des italienischen Spätrenaissance-Komponisten Giovanni Gabrieli, der unter anderem durchaus als Erfinder der venezianischen Mehrchörigkeit gelten darf, setzt einen zurückhaltenden Kontrapunkt. Hier zählt jede Stimme im Klanggefüge und Daniel Ulb hat seinem Q1-Leistungskurs eine umsetzbare Bearbeitung erstellt, die insbesondere auch das so oft vorkommende Stilmittel der Echowirkung gut hervorheben kann.
Ganz barock wird es dann mit Vivaldis Concerto in d-Moll op.3/11, das von den Solistinnen und Solisten des KRS-Sinfonieorchesters, Manfred Hubert, Andrea Laczko (Violine), Nickoline von Gossler (Cello) und Borjan Jowanow (Cembalo) in einer lupenreinen Intonation perfekt dargeboten wird. Gleichzeitig erlebt Jens Weismantel, der das KRS-Sinfonieorchester von Petra Weiß übernommen hat, seine gelungene „Feuertaufe“ als Orchesterchef. Zuckersüß perlend aber auch zupackend zugleich die Geschichte von Tschaikowskys „Nussknacker“, der hier in Form einer Suite den interpretiert wird. Sehr abgerundet präsentiert sich der Streicherklang (Leitung: Sophia Schüller) im Zusammenspiel mit den Holzbläsern. Hervorzuheben sei hier auch der „Tanz der Rohrflöten“, der von den Querflötistinnen formvollendet umgesetzt wird. Überhaupt kann der ausgewogene Gesamtklang des sinfonischen Klangkörpers sehr überzeugen, der in dieser Form nicht unbedingt an ein Schülerorchester erinnert.
Noch sind nicht alle Türchen geöffnet und da hat Chorleiter Frank Hagelstange noch eine faustdicke Überraschung im Adventsköcher: Die „Latin Jazz Mass“ von Martin Voellinger. Eine Messe, die zum einem ein Laissez-faire mit lateinamerikanischen Rhythmen wie Merengue, Bossa oder Samba mit den liturgischen Teilen einer Messe, also etwa das Kyrie, Sanctus oder Agnus Dei zu einem locker-beschwingten Gesamtpaket verbindet. Der Chor ab Klasse 7, der Chor der Freunde der KRS und der Musikkurs Q 3 laufen hierbei zur Hochform auf, kongenial abwechselnd begleitet etwa von Lukas Bender und Marc-Philip Hartmann am Klavier. Für das rhythmische Fundament sorgt Johannes Streck an den Drums. Insgesamt eine sehr gelungene, unaufgeregte Interpretation, die mit ihrer ganzen Exotik einen besonderen Glanzpunkt des Konzertes setzen kann.
Den sehr ergreifenden Schlusspunkt setzt das KRS-Sinfonierochester mit Rolf Rudins zarter Variation über „Es ist ein Ros entsprungen“, das dann im Original vom großen Chor aufgegriffen und zu guter Letzt samt Orgel von der gesamten Besucherschar gesungen wird – welch ein fulminantes Finale. Insgesamt war der Duktus des diesjährigen KRS-Weihnachtskonzertes beileibe nicht ganz so glitzernd-sternenlastig und glöckchen-beseelt wie sonst üblich. Die Literatur-Auswahl sorgte jedenfalls für viele wohltuende Momente des Innehaltens, der inneren Einkehr und der oft so beschworenen Besinnlichkeit, was in der Summe gesehen sich vor allem auch sehr positiv auf die gebotene Qualität auswirkte. Und vielleicht war das Programm in seinem roten Faden ganz bewusst der geopolitischen Lage geschuldet: „Give us Peace“ singt der Chor unter anderem – diese Botschaft ist an diesem zweistündigen Konzertabend auf jeden Fall bei jedem angekommen.
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