Dr. Robert Schäfer, Präsident des hessischen Verfassungsschutzes, eröffnet den „Pädagogischen Tag“ zum Thema „Extremismus“ an der KRS
„Den Feinden der Demokratie die Stirn bieten“
Pädagogischer Tag an der Karl-Rehbein-Schule: Wie begegnet man dem Extremismus?
Es gibt zahlreiche Formen des Extremismus: Das reicht von der rechtsradikalen Szene bis hin zum religiösen Fanatismus. Der sich seit langem hinziehende NSU-Prozess, die unsäglichen Vorgänge um die sogenannten „Reichsbürger“, antisemitische Handlungen oder der sogenannte „Islamische Staat“ – es gibt derzeit genügend Beispiele, die den aufkeimenden Extremismus um uns herum belegen können. „Der Extremismus ist auf dem Vormarsch. Das bereitet uns und mir persönlich große Sorgen“, eröffnet Dr. Robert Schäfer, Präsident des hessischen Verfassungsschutzes den pädagogischen Tag an der Karl-Rehbein-Schule.
Das Kollegium der KRS hatte sich im Vorfeld selbst dieses doch brisante Thema ausgewählt, können unter Umständen auch Schulen nicht von extremistischen Auswüchsen verschont sein.
KRS-Schulleiter Jürgen Scheuermann freut sich daher, Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes für unterschiedlich thematisierte Workshops zum Thema „Extremismus“ am „Pädagogischen Tag“ der KRS begrüßen zu können, damit das Kollegium im Falle des Falles gut gerüstet ist. . In zehn Präventions-Workshops informierten Verfassungsschützerinnen und Verfassungsschützer über extremistische Phänomene. Auch für den Verfassungsschutz ist eine derartige Veranstaltung, Pädagogen über die möglichen Formen des Extremismus zu informieren und auch Lösungswege dagegen aufzuzeigen. „Das ist auch für uns absolutes Neuland“, berichtet Schäfer bei seiner Einführung vor dem Kollegium in das Thema.
„Aufklärung ist enorm wichtig, denn nur so gelingt uns Prävention, insbesondere, wenn wir das Thema in die Schulen tragen. Denn dort sitzen mit den Schülern die Hauptadressaten für die Extremisten“, erläutert Schäfer das Ansinnen des Verfassungsschutzes, verstärkt an die Öffentlichkeit zu gehen, um Präventionsarbeit zu leisten. „Da sehen wir auch die Pädagogen in einer großen Rolle, denn sie haben die Deutungshoheit über das, was Jugendliche und Kinder ungefiltert und unreflektiert in den sozialen Netzwerken und auf Plattformen wie you tube sehen können“, so Schäfer weiter. „Die Eltern können hier leicht überfordert sein oder interessieren sich im schlimmsten Fall gar nicht dafür, was ihre Kinder in diesen Medien sehen“.
So seien die unter 30-Jährigen heute fast alle „You-Tuber“. Was auf der You-tube-Plattform erzählt wird, dem schenkten vor allem Jugendliche ohne Überprüfung uneingeschränkten Glauben. Das gleiche gelte für die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter. „Heute ist das einfach: Man schreibt einen Satz und haut ihn raus. Meistens gehen dann die Daumen hoch. Daraus folgt, dass sich die Verfasser solcher Abhandlungen mit ihrer Meinung in bester Gesellschaft wähnen. Und so wird heute Meinung gemacht“, erläutert Schäfer die Mittel, mit denen die Extremisten auf „Mäuse-Fang“ gehen. Man solle dabei nicht glauben, dass beispielsweise Rechtsradikale heute noch mit Springerstiefeln durch die Gegend marschieren. Hier ist Aufklärung umso wichtiger, so Schäfer.
Dem Verfassungsschutz seien dabei meist die Hände gebunden, er habe nur wenig rechtliche Handhabe, gegen solche extremistischen Gruppierungen vorzugehen. Der Verfassungsschutz selbst sei ein Ergebnis der gescheiterten Weimarer Demokratie, erläutert Schäfer. Die Demokratie aber müsse werteverbunden sein, ihren Feinden müsse man die Stirn bieten. So versteht sich der Verfassungsschutz auch als ein „Frühwarnsystem“, der allerdings die Ermittlungsarbeit der Polizei nicht unterstützen dürfe. „Wir können observieren, Informationen generieren, Kommunikation abhören und unsere Ergebnisse dann einer zehnköpfigen Kommission vorstellen. Die entscheidet dann über die weiteren Sachverhalte“, beschreibt Schäfer grob die Aufgaben und Stellung des Verfassungsschutzes.
Beobachtet werde der Extremismus auf der rechten wie linken Seite, weiter der importierte Extremismus, Islamismus, Salafismus, die organisierte Kriminalität, Spionagesachverhalte und Wirtschaftsschutz. Dabei hole man sich die Informationen bis zu 80 Prozent aus offen zugänglichen Quellen, hier größtenteils das Internet. So sei das Internet beispielsweise das Leitmedium für die Islamisten. Weitere Radikalisierungsfaktoren seien Freunde – und hier tritt die Schule in Erscheinung -, weiter soziale Medien. Menschen, die sich in einer Sinnkrise befänden, die nach Anerkennung und Identität suchten, oder nur ihrem Unmut Luft machen wollten, die seien für extremistische Botschaften besonders empfänglich. „Die Extremisten beherrschen die Tastatur für die Manipulation dieser Menschen perfekt“. Das könne man beispielsweise an den jungen Menschen ausmachen, die ihre Zelte hier abbrechen und freiwillig in den Krieg nach Syrien ziehen, um dort zu kämpfen. Nicht wenige kehren dann irgendwann ernüchtert zurück.
Insgesamt, so zieht Schäfer eine besorgniserregende Bilanz als Chef des hessischen Verfassungsschutzes, gewinnen Extremisten aus allen Lagern enorm an Zulauf, schöpfen sie die Möglichkeiten, die moderne Kommunikationsmittel bieten können, ganz geschickt für ihre Zwecke aus. Von daher sei es von großer Bedeutung, dass insbesondere die jungen Menschen in den Schulen verstärkt mit allen zur Verfügung stehenden pädagogischen Mitteln über dies Umtriebe aufgeklärt werden, damit aus diesen jungen Menschen später wehrhafte Demokraten werden.
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