Karl-Rehbein-Schule

Gymnasium der Stadt Hanau

Die Fingerabdrücke des Universums – Wissenschaftstag an der KRS

Seit 2017 ist die Karl-Rehbein-Schule Hanau offizielle Kooperationsschule der Goethe-Universität Frankfurt. Ziel dieser Kooperation ist, die Wissenschaft in die Schule zu holen um so das Interesse der Schülerinnen und Schüler für naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Themen zu wecken. Das Projekt der Goethe-Uni nennt sich „Brückenschlagen – Wissenschaft in die Schulen“ und soll Kontakte zwischen Wissenschaftlern und Schulen pflegen, um ein dauerhaftes inhaltliches wie personelles Netzwerk zwischen Universität und Schulen zu schaffen. So fand jetzt der zweite Wissenschaftstag an der KRS statt, der mit insgesamt fünf auswählbaren Themen aus den Bereichen der Physik, Biologie, Chemie und Geisteswissenschaften breit aufgestellt war. Organisiert und geplant wurde der Tag von André F. Leinweber, der ebenfalls an der KRS Physik unterrichtet.

 

Den für alle Schülerinnen und Schüler der Q-Phase bestimmten „Urknall“ zur Veranstaltung lieferte die Diplom-Physikerin Carola Pomplun vom Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. Sie beschäftigte sich mit dem Thema „Die Reise zum Urknall“. Pomplun schlüsselte dabei in einer fast sekundengenauen Zeitreise den aktuellen Forschungsstand über den Ursprung von Sonne, Mond, Erde und Sternen sehr anschaulich auf. Carola Pomplun arbeitet in Darmstadt am Helmholzzentrum (GSI) wo in den nächsten Jahren das neue internationale Beschleunigerzentrum „FAIR“ entstehen soll, eines der größten Forschungsvorhaben weltweit. Mit „FAIR“ wird erstmals Materie im Labor erzeugt und erforscht werden, wie sie sonst nur im Universum – und nicht auf der Erde – vorkommt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt erwarten neue Einblicke in den Aufbau der Materie und die Entwicklung des Universums, vom Urknall bis heute. Die bekanntesten Resultate der Forschung bei GSI sind die Entdeckung von sechs neuen chemischen Elementen des Periodensystems und die Entwicklung einer neuartigen Krebstherapie mit Ionen.

 

Die Geburt unseres Universums, so referiert Pomplun, habe vor ungefähr 13,7 Milliarden Jahren stattgefunden. Mit dem gerade in Darmstadt entstehenden Teilchenbeschleuniger könne man künftig auch ins Innere kleinster Teilchen schauen, was uns viel über die Entstehung des Universums verraten kann. Bei der Geburt des für uns Menschen kaum in seiner Weite vorstellbar unendlichen Raumes wurde eine Reihe von „Fingerabdrücken“ hinterlassen, die man sehr gut nachverfolgen kann. Dazu zählen unter anderem Hintergrundstrahlung, fliehende Galaxien und die Häufigkeit von leichten Elementen, also die Frage nach Materie und Antimaterie. So könne man sich heute auch einigermaßen erklären, was unmittelbar nach dem Urknall passiert ist und wie sich dann daraus das heute bestehende Universum entwickelt hat, die „Stunde Null“ aber könne man wissenschaftlich nicht erklären. Hier seien den Kenntnissen, die man in der Mathematik und der Physik bisher erreicht habe, Grenzen gesetzt. Die Wissenschaft habe sich nunmehr aufgrund der verschiedensten Forschungsergebnisse auf die Theorie verständigt, dass sich das Universum weiterhin ewig ausdehne und sich dabei immer mehr abkühle. Vor rund 20 Jahren habe man noch angenommen, dass das Universum, so wie es sich derzeit noch ausdehnt, eines Tages in sich zusammenfallen wird, dem „Big Bang“ also der „Big Crunch“ folge. Diese Annahme habe man mittlerweile aufgrund der fortschreitenden Forschungen und auch der neuen Forschungstechniken wie den Teilchenbeschleuniger revidiert.

 

Nach dem sehr profunden und lebendigen Einführungsvortrag galt es für die Oberstufenschüler, sich in einen der angebotenen wissenschaftlichen Fachvorträgen zu begeben. Professor Dr. Jörg Stehle von der Goethe-Uni referierte über die Zeit: „Wie messen Neuronen die Zeit“. Beim Vortrag „Chronobiologie“ wurden Fragen zum Thema „Die innere Uhr des Menschen“ besprochen und diskutiert. Im Einzelnen erhielten die Schülerinnen und Schüler Antworten auf die Fragen: Wie funktioniert die innere Uhr des Menschen oder wo in unserem Gehirn ist diese innere Uhr lokalisiert?  Welchen Einfluss haben Licht und Hormone auf die innere Uhr und warum ist es schlecht, dass der Schulunterricht bereits um acht Uhr morgens beginnt? Zu welchen Tageszeiten ist Lernen besonders effektiv?

 

Dass die beiden unerschrockenen Gallier „Asterix und Obelix“ nicht nur zwei taffe Comic-Figuren sind, sondern auch als Thema für den Geschichtsunterricht dienen können, bewies Dr. Dirk Wiegandt mit dem Thema „Caesar in Asterix – wie die römische Republik wirklich unterging“. Wiegandt erörterte einmal die Analyseebenen eines Historikers, die sich mit der Entstehungszeit, der Rezeption im Laufe der Jahrhunderte und der historischen Authentizität beschäftigte. Er ging auch der Frage nach, wann „Asterix“ wirklich spielte. So gebe es Quellen, Belege und Indizien, die im Falle von Asterix durch Jahreszahlen auf der ersten Seite des Comics genannt sind, die aber nur teilweise historisch richtig seien. Weitere Hinweise sind Anachronismen wie die Nennung einer Berufsarmee, des Kolosseums und Nationalstaaten, beispielsweise „Asterix bei den Belgiern“. Durch die Darstellung des Imperators als grundlegend „böser“ Herrscher würden geschichtliche Strukturen stark vereinfacht.

 

Dass Geschichte nicht nur Vergangenes ist, das eine mal größere, mal kleinere Gegenwartsrelevanz aufweist, hat Dr. Steffen Bruendel vom Forschungszentrum für historische Geisteswissenschaften eindrucksvoll vermittelt. Geschichte wird vielmehr geschrieben. Sie wird somit – gewollt oder nicht – geformt. Anhand einiger exemplarischer Ereignisse wie der Frage nach der Kriegsschuld im Ersten Weltkrieg oder der Goldhagen-Debatte in den 90er Jahren wurde den Schülern klar, dass es eine objektive Geschichtsschreibung gar nicht geben kann. Ein Zitat des Soziologen Maurice Halbwachs brachte die Erfahrungen des kurzweiligen und informativen Vormittags auf den Punkt: „Erinnerung ist eine Rekonstruktion der Vergangenheit mit Hilfe von der Gegenwart entliehenen Gegebenheiten“.

Einen Ausflug in das Gebiet der Pharmazie unternahm der Apotheker Christian Viel mit „Morbus Alzheimer – Forschung im Zusammenspiel der Wissenschaften“. Diese Nervenerkrankung lässt mehr oder weniger das Gehirn zusammenschrumpfen. Von allen Demenz-Krankheiten ihat die Alzheimer-Ausprägung mit 65 Prozent den größten Anteil. Die ersten Anzeichen für die Krankheit sind Sprachprobleme oder der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Das Vergessen von alltäglichen Verrichtungen, das Wiederholen von Fragen oder das Vernachlässigen seines Äußeren sind weitere Anzeichen für diese Krankheit. In der Endphase der Krankheit werden die Patienten liegebedürftig, sie werden oft auch aggressiv gegenüber Personen, die sie eigentlich kennen sollten.

Mit Hilfe neuropsychologischer Tests, einer Anamnese und dem Biomarker-Verfahren kann eine Diagnose gestellt werden, wenngleich diese nicht verlässlich sei, so Viel. Als Therapie bietet sich an, die Neurotransmitter im Gehirn zu ersetzen. Die Pharmazie kann hier nicht heilen, die Krankheit aber hinauszögern und somit die Lebensqualität der Patienten verbessern.

 

Professor Dr. Schaffner-Bielich beschäftigte sich mit dem Thema Astrophysik. Der Wissenschaftler berichtete über seine Arbeit mit Pulsaren, schnell rotierende Neutronensternen, die immer wiederkehrende Signale aussenden. Den Schülerinnen und Schüler wurde über ein Tonsignal diese Pulse verdeutlicht.
Schaffner-Bielich gab einen erneuten Einblick in die verschiedenen Forschungsbereiche und berichtete, wie man heutzutage die kleinsten der kleinsten Teile, die Quarks, in sogenannten Gluon-Quark-Plasmen erforscht. Die Plasmen spielen bei der Kollision zweier Neutronensterne eine Rolle.

Im sich anschließenden Workshop stellten Schülerinnen und Schüler viele Fragen zum Alltag und den Berufschancen
eines Physikers. Dabei wurde unter anderem darüber diskutiert, ob es wohl außerirdisches Leben gibt. Nicht zuletzt
klärte Herr Schaffner-Bielich die seit Jahrhunderten interessierende Frage vieler Alchemisten: Gold bzw. Goldatome kann man heutzutage herstellen. Da es sich um ein relativ schweres Elemente handele, brauche man dafür einen etwa 50 Meter langen Teilchenbeschleuniger und jede Menge Energie.

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